Garten AG

Der NABU Insekten Garten 2021

Die kühle Winterphase im Februar sowie das diesjährige Regenvolumen haben vielen Gartenstauden gut getan. Seit Ostern blühen nonstop nacheinander sehr viele Blumenarten. Mitte April blühten im Schnitt im Garten 15 Arten [Abb. 1], Mitte Mai etwa 20-25 Arten [Abb. 2] und jetzt im Juni ca. 45-50 Arten [Abb. 3-4]. Damit ist nun zur Hochzeit der Fluginsekten von Mai bis August den unterschiedlichen Insektenarten ein hohes Potential gegeben, die bevorzugte Blütenart und Blütenform zu finden. Leider sind die einzelnen Blüten durch den starken Insektenbesuch von Mauer-, Scheren-, Sand- und Furchenbienen, Fliegen, Schwebfliegen, Faltenwespen, Wanzen, Käfern und Imkerhonigbienen zumeist sehr schnell verblüht. Aber Staudenlein, Taubnesseln, Klatschmohn und Co. treiben ja immer wieder neue Blüten nach. So wie es bisher aussieht, haben innerhalb des Gartens die in den Nisthilfen überwinternden Insektenarten die kalte Jahreszeit gut überlebt. Die letztjährige starke Blüte des Scharfen Hahnenfußes im Garten hat zu einer hohen diesjährigen Population der Hahnenfußscherenbiene (Chelostoma florisomne) [Abb. 5] geführt. Teilweise ließen sich in den kühlen Morgenstunden bis zu 30 Weibchen an den Nisthilfen beim Warmwerden für den Tag beobachten. Da die diesjährige nun zu Ende gegangene Hahnenfußblüte ebenfalls sehr gut war, besteht die Hoffnung, dass sich die Population im Garten etablieren kann. Wir mussten schon entsprechende neue Nisthilfen dazu bauen. Auch wenn es, wie im letzten Jahr einen entsprechenden und dazugehörenden Parasitendruck der Keulenwespe (Sypyga clavicornis) [Abb. 6] und der Trauerschweber (Anthrax spec.) [Abb. 7] gab. Mit dem Blütenbeginn der verschiedenen Glockenblumenarten ließen sich nun auch die ersten Glockenblumen-Scherenbienen (Chelostoma rapunculi) sehen. Auch einige erdnistende Wildbienen-Arten sind wiederholt zu sehen. Allerdings nur in jeweils kleiner Zahl. Die Pflanzen im Garten haben eine sehr hohe Bodendeckung und so mangelt es hier möglicherweise an Nistplatzgelegenheiten. Aber ein entsprechendes freies Beet wurde bereits angelegt.

Im Garten entspricht die Mehrheit der gefundenen Insekten den in Hochstaudenfluren-, Fettwiesen  und Waldrändern üblichen Arten. Blattwespen, Käfer und Wanzen lassen sich in nicht kleinen Artenzahlen finden. Nur Schwebfliegen sind bisher kaum zu sehen. Allerdings fehlt zurzeit auch noch die Raupennahrung, da bisher nur sehr wenige Blattläuse zu finden sind.

Was fast gar nicht zu sehen ist, sind die vielen Tagschmetterlingsarten. Danach werde ich von unseren Besuchern auch immer wieder gefragt. Bei Recherchen bin ich auf zwei Hinweise gestoßen. In den beiden heißen Sommern 2018 und 2019 sind sehr viele der Raupenfutterpflanzen vorzeitig vertrocknet. Somit gab es weniger überwinternde Schmetterlinge. Zum anderen sind Falter ein Indikator dafür, wie schnell sich die Umwelt verändert, da sie sehr empfindlich reagieren. Gute, ausreichende Raupenfutterpflanzen sind kaum noch zu finden, da die Gräserarten in den Wiesenflächen überwiegen. Häufig sind die geeigneten Flächen auch zu eng bewachsen, sodass der  untere Bodenbereich beschattet ist und zu kühle Temperaturen für die Kokons herrschen. Der durch Düngung und Lufteintrag zu hohe Stickstoffanteil innerhalb der Pflanzen bekommt vielen Schmetterlingsraupen ebenfalls nicht. Sie bevorzugen geschwächte Blätter, die ein hoher Nährstoffanteil in den Pflanzen jedoch kaum noch bietet. Nichtsdestotrotz hatten wir zum Thementag der Schmetterlinge am 20.Juni den kurzen Besuch eines Kaisermantels (Argynnis paphia) [Abb. 8] im Garten. Und der Wasserlinsenzünsler (Cataclysta lemnata) [Abb. 9],  der Ockergelbe Blattspanner (Camptogramma bilineata) [Abb. 10] und der Goldzünsler (Pyrausta aurata) [Abb. 11] sind auch in diesem Jahr als  Einzelexemplare zu sehen gewesen. Den Johanniskraut-Spanner (Aplocera plagiata) hat nach einigen Tagen die Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) erwischt [Abb. 12].

Als extrem war allerdings die Anzahl der Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta) [Abb. 13] mit zum Teil über 40 und der Lederwanzen (Coreus marginatus) [Abb. 14] mit 48 Individuen anzusehen. Von der hohen Zahl der Trauer-Rosenkäfer haben mir auch andere Dortmunder Gärtner berichtet.

Mit besonderer Freude erfüllt mich, dass vom zweijährigen Gewöhnlichen Natternkopf (Echium vulgare) auch in diesem Jahr wieder mehrere Pflanzen blühen. Von der darauf spezialisierten Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adunca) [Abb. 15] ließen sich bisher einige Männchen und mindestens zehn Weibchen beobachten. Und mit den nun Knospen bildenden Wilden Möhren (Daucus carota) werden in den nächsten Tagen hoffentlich auch wieder die Schmalbauchwespen und die Dolden-Schwebfliegen auftauchen.

Die geplante Pflanzentausch- und Saatgutbörse im Mai musste leider Corvid-19-bedingt abgesagt werden. Daher haben wir die gut drei Schubkarren voll überzähliger Pflanzenableger und Saatgut gern auf Anfrage an interessierte Privatpersonen, Firmen und Kirchgärten abgegeben.
Die in Mitteleuropa seit Jahrhunderten etablierten Wild- und Kulturpflanzen, die bevorzugt im NABU-Garten angebaut werden, sind die dunklen, kühlen Wintertage gewöhnt und so beginnen die frühblühenden Pflanzen bereits, ihre Samenstände zu entwickelt. Zurzeit blühen die Sommerblumen und auch die Spätsommer-Arten stehen bereits in den Startlöchern. Die Erntezeit von Blattgemüsen, Kräutern und Obst ist in vollem Gange und auch die ersten Pflanzensamen können bei trockenem, sonnigem Wetter vorsichtig entnommen werden [Abb. 16, Haferwurzel].

Im Mai hat mich die NABU-Naturschutzstation Niederrhein e.V. angesprochen. Das Projekt „Insektenfreude mit regionalen Wildpflanzen“ gehört zum Bundesprogramm Biologische Vielfalt. Ziel ist es, dass lokale Wildstauden des hiesigen Gebiets über regionale Gärtnereien vermehrt und später auch angeboten werden sollen. Der NABU-Insektengarten hat in der jetzigen Testphase drei Stauden erhalten, um ihre Entwicklung im Garten zu beobachten und rückzumelden [Abb. 17].

Ebenso wie die Gartenflora verändert sich übers Jahr auch die Fauna im Garten in einem wunderbaren, uralten Wechselspiel. Wer diesen Jahresrhythmus in seinen Höhen und Tiefen mit uns im Gartenteam beobachten, betreuen und pflegen möchte ist herzlich dazu eingeladen. [Kontakt über: naturgarten@nabu-dortmund.de]

Alles in allem ist es wieder ein hochspannendes Pflanzen- und Insektenjahr im NABU-Garten.
Wir freuen uns auf Ihren/euren Besuch zu den offenen Gartentagen ☺.

Fotos und Text: Brigitte Bornmann-Lemm