Zeit für Schmetterlinge – Mehr Plätze für Falter
Letzthin an einem unserer NABU-Infostände ergab sich in einem Gespräch mit einer Familie, dass die Tochter im Teenageralter noch nie bewusst einen lebendigen Schmetterling gesehen hatte. Und ich habe mir die Frage gestellt: Wie ist das möglich?
Aber ja, die (Tag-) Falter verschwinden. Langsam, leise, unaufhörlich. Jedes Jahr sind ein paar weniger zu sehen. Und diese Shifting-Baseline der Menschengenerationen wird den Naturschutz immer schwerer machen. Denn wie sollen die jetzigen und folgenden Generationen etwas schützen das sie aus eigener Anschauung gar nicht mehr kennen.
Die Ursachen für den Verlust der Schmetterlinge und vieler anderer Insekten- und Spinnentierarten sind alle längst bekannt. Zumindest in den Fachkreisen und den interessierten Kreisen der Bevölkerung. Es ist der Verlust der Lebensräume durch starke Veränderungen der Landschaft. Der Flächenfraß für Siedlungen, Gewerbegebiete und Straßenverkehr nimmt immer weiter zu. Die Landwirtschaft ist großräumiger geworden, die Nutzungsintensität hat sich verstärkt. Der Düngemittel- und Pestizideinsatz seit jetzt gerademal gut 70 Jahren verändert die Erdböden. Insgesamt ist die Landschaft eintöniger und viel weniger strukturreich als noch vor 50-100 Jahren. Hinzu kommen die Veränderungen der Wetterlagen hin zu Starkregenereignissen und Dürreperioden. Beides hat großen Einfluss auf die Raupenfutterpflanzen der vielen Schmetterlings- und Insektenarten.
„Zeit der Schmetterlinge“ und „Mehr Platz für Falter – Jetzt wird’s bunt“
Von 2016 – 2024 liefen, initiiert vom NABU-NRW, diese beiden aufeinanderfolgenden Projekte. Gefördert auch vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr in NRW. Mit diesem Projekt wurden alle Bürger Nordrhein-Westfalens zum Mitmachen aufgerufen. Das Citizen Science-Konzept sollte über feste Zählzeiträume jeweils zur Hauptflugzeit der Schmetterlinge vom 15. Juni bis 15. Juli eines jeden Jahres die Daten über mehrere Jahre zusammenstellen. Auch hier in Dortmund habe ich/der Fachbereich Garten jährlich Daten aus Dortmund zusammengetragen und gemeldet.
Diese Zählaktionen sollten auch dazu beitragen, möglichst viele Menschen zu motivieren die Falter bei der Gestaltung von Garten und Balkon zu berücksichtigen. Denn mit der Anpflanzung von heimischen Pflanzen, die Schmetterlinge als Raupenfutter und Nektarquelle nutzen können, kann jeder seinen Beitrag leisten.
Das Ergebnis der Zählaktionen über neun Jahre stimmt traurig. Die Untersuchungen der letzten Jahrzehnte belegen Rückgänge sowohl der Artenvielfalt, als auch der Menge der Schmetterlinge. Das Ruhrgebiet und NRW sind ja nun auch geprägt von Städten mit ihren Gärten und Parkanlagen. Die meisten der Daten dürften aus diesen Standorten kommen. Das macht es umso wichtiger, dass auch an diesen Standorten die Insekten- und Schmetterlingsfreundlichen Flächen vermehrt werden. Ebenso wie in der offenen Landschaft.
Der NABU-NRW hatte aber nicht nur zu Zählaktionen aufgerufen, sondern es wurden während der gesamten Laufzeit auch viele Gärten, Schulgärten, KiTa-Gärten und Friedhöfe mit der Anerkennung als „Schmetterlingsfreundlicher Garten“ ausgezeichnet. Zu den bewerteten Kriterien gehörten die Positionen:
- Gärtnern ohne Gift
- Vermeidung von Schotterflächen
- heimische Wildpflanzen, die Schmetterlingen und Raupen Nahrung bieten
- wilde Ecken, Totholzhaufen, Wildblumenwiese, Trockenmauer, Gartenteich, Nistkästen,
seltenes oder versetztes Rasenmähen etc. Insgesamt also eine strukturreiche Gartengestaltung
- keine durchgehende Beleuchtung nachts
- Winterquartiere für Schmetterlinge
- 10 Pflanzenarten, die im Garten als Raupenfutter- und Nektarpflanzen genutzt werden
Auch hier in Dortmund hat der Fachbereich Garten seit vielen Jahren sehr gerne Auszeichnungen an diverse Privatgärten, Schulgärten und auch an den Hauptfriedhof (wie bereits 2023 berichtet) vergeben. An allen Standorten sind es diese für ihre intensive Arbeit ausgezeichneten Personen, die als wichtige Multiplikatoren fungieren. In ihren Gesprächen mit der Nachbarschaft regen sie immer mehr GärtnerInnen zu bewusster insektenfreundlicher Gartengestaltung an.
Anbei einige Fotos der in Dortmund ausgezeichneten Gärten. Die meisten Fotos sind im Spätherbst entstanden, so dass leider die Blütenpracht kaum noch zu erkennen ist. Aber die Winter-Rückzugsorte für Raupen und Larven vieler Insektenarten unter Sträuchern und Laub und der wichtige Strukturreichtum der Gärten, Baumscheiben und Parks gut zu sehen sind.
Hier einige Beispiele der in den letzten beiden Jahren ausgezeichneten Gärten.
1. Foto: Plakette „Schmetterlingsfreundlicher Garten“
2. Foto: August 2023 Hauptfriedhof Dortmund (wie bereits berichtet)
3. Foto: November 2023 Baumscheibe am Süd-West-Friedhof Dortmund (wie bereits berichtet)
4. - 5. Foto: August 2024 Garten des Sozial Ökologischen Zentrum, Gut-Heil-Straße Dortmund
6. Foto: August 2024 Privatgarten in Dortmund Obernette
7. - 8. Foto: September 2024 Privatgarten Familie Glatt in Dortmund Kirchderne
9. -11. Foto: Oktober 2024 Schulgarten des Immanuel-Kant-Gymnasium mit der Garten-AG
12. - 13. Foto: September 2024 Kleingarten Guido Steinhoff, KGV Konrad Glockner
14. - 17. Foto: September 2024 Schulgarten der Grünen Schule am Schulbiologischen Zentrum im Botanischen Garten Rombergpark Dortmund
Oktober 2024 / Text und Fotos: Brigitte Bornmann-Lemm