Teil 9. Vögel im Garten

Info-Reihe "Ökosystem Garten"

Ökosystem Garten - Teil 9: Vögel im Garten

Im Vorhinein sollte ich gleich klarstellen, dass ich ornithologisch nicht so stark interessiert bin. Mich begeistert eher die Pflanzen- und Insektenwelt in unserem Garten. Aber da es ja über die kälteren und dunkleren Wintermonate kaum Insekten zu sehen gibt, beschäftigt mich dann die Vogelwelt im Garten und der Nachbarschaft. Zumeist beginnend mit dem Kranichflug, wie vor ein paar Tagen.

Von meinem Schreibtisch aus habe ich einen direkten Blick in den Garten. Bei der Wahl des Schreibtischstandorts habe ich mich von Goethe inspirieren lassen. Auch seine Studierstube hatte einen direkten Blick und Zugang zum Garten.

Jetzt im Spätherbst und später im Winter sitze ich gerne dort mit einer Tasse Tee und beobachte das Treiben im Garten. Beinahe nach Stundenplan kommen die Kleinvögel gegen Vormittag, über Mittag und dann wieder am Nachmittag für etwa 30-50 Minuten vorbei und halten sich im Garten auf. Interessanterweise immer mehrere Arten gemeinsam. Kohlmeisen und Blaumeisen sind zumeist jeweils zu 2-3 Individuen. Sie hüpfen von den Johannisbeersträuchern zu den noch mit Samenständen stehenden Stauden und picken überall Läuse und andere winzige Tierchen. Aber auch Samenkörner. Dabei ist zu beobachten, dass die Distanzflüge sehr kurz und schnell sind und die Landung immer in eine Pflanzendeckung erfolgt.

Die Amseln dagegen bewegen sich langsam auf der Rasenfläche und picken hier und dort nach Regenwürmern, Schnakenlarven u.ä. Die Heckenbraunellen suchen ebenfalls im Boden nach Nahrung. Allerdings in der Deckung der Obstgehölze mit Unterwuchs aus Gundelrebe, Waldmeister und Taubnesseln. Hier leben zumeist Asseln, Tausendfüßer und Co.

Das Rotkehlchen ist ein Tausendsassa und eigentlich überall im Garten zu finden. Jeder Gärtner kennt es. Auf kompostbeladenen Schubkarren fährt es auch schon mal ein paar Meter mit. Es liebt frisch gejätete Beete mit Regenwürmern. Und es betrachtet den jeweiligen Garten wohl auch als sein Revier und vertreibt ab und an auch Meisen und Heckenbraunellen.

Der Buntspecht kommt seltener. In der Umgebung unseres Gartens stehen eine Menge großer Bäume, die ihm mehr zusagen. Aber ab und zu taucht er auf und prüft die Wildbienen-Nisthilfen. Unsere Niströhren sind zwischen 10 und 15 cm tief, da passiert dann nicht so ganz viel, wenn er im vorderen Bereich etwas frische tierische Nahrung abgreift. Seltener kommt der Grünspecht vorbei um in den Wiesenflächen nach Rasen-Ameisen zu picken.

Nicht zu vergessen ist der Zaunkönig. Sehr klein, aber dafür sehr lautstark und mit hochgestelltem Stertchen taucht er aus einem Staudengebüsch auf, prüft kurz die Umgebung und verschwindet mit kurzem Flug im nächsten Staudengebüsch, um nach Nahrung zu suchen.

Die Körnerfressenden Stieglitze waren eher im Spätsommer im Garten, als die Kornblumen einer heimischen Saatgutmischung in Samenstand gingen. Jetzt höre ich ihren perlenden Gesang eher bei Spaziergängen unter den umliegenden Platanen, die noch Samenstände tragen.

Saatkrähe, Rabenkrähe und Eichelhäher kommen zumeist in den Garten, wenn vorher die Eichhörnchen Walnüsse und Eicheln aus Nachbars Garten hier verloren haben. Die holen sie sich dann. Die Nüsse, nicht die Eichhörnchen.

Alles in allem bietet dieser innerstädtische Ruhrgebietsgarten in Dortmund Aplerbeck, der mit sechs oder sieben anderen Gärten eine große Fläche in einem umliegenden Kreis von Ein- und kleinen Mehrfamilienhäusern liegt, wohl Nahrung für zumindest einen Teil der kulturbegleitenden Singvögel. Er ist aber mit seinen 300qm eindeutig zu klein, um mehr als ein bis zwei Meisen-Paaren pro Sommer einen Brutplatz zu bieten. Aber es gibt ja auch noch die anders strukturierten Nachbargärten. Zum Nordosten grenzt der Nebengarten mit einer alten, breiten, mehrere Meter langen und über mannshohen Buchenhecke. Sie bietet ein wunderbares Versteck für alle Kleinvögel und vermutlich nisten hier auch einige von ihnen.

 

Im Fazit meines Berichts kann man erkennen, dass die unterschiedlichen Stadt-Vogelarten sich in den Gärten und Parks unterschiedliche Nischen zur Futtersuche teilen. Und das ist sicherlich auch gut so, damit für alle etwas zu finden ist. Wichtige Voraussetzung ist allerdings, dass die Garten- und Parklandschaft unterschiedliche Strukturen bietet. Also giftfrei gepflegte Bäume, Sträucher, Stauden und Wiesenflächen.

Ich habe hier aus Sicht eines innerstädtischen Ruhrgebietsgartens berichtet. Hier finden sich nur bestimmte „Allerweltsarten“ der Singvögel ein. Nämlich diejenigen, die es in den letzten einhundert Jahren geschafft haben, sich aus dem insektenärmer (Insekten = Hauptnahrung) werdendem Umland in den innerstädtisch entstandenen Park- und Gartenanlagen zurechtzufinden und zu etablieren.

Für den Großteil der Vogelarten gilt dies nicht. Sie haben ein Problem mit den veränderten Landschaften im Offenland. Aber das ist eine andere Geschichte, die besser und fachkundiger von einem Ornithologen berichtet werden sollte.

 

Text und Fotos: Brigitte Bornmann-Lemm
Stand: November 2023