Teil 6. Info-Reihe "Ökosystem Garten"

Stadtnatur: Pflasterfugen & Co. – Neue Lebensräume in der Stadt

 

Unter der Sparte „Ökosystem Garten“ möchte ich in den kommenden Monaten und Jahren vielen Fragen in Bezug auf städtische Gärten und Parks als Orte der Artenvielfalt und Biodiversität peu à peu nachgehen.

 

Wer Interesse hat, mich auf diesen Wegen und Gedanken zu begleiten, kann sich gerne unter naturgarten@nabu-dortmund.de bei mir melden. Ausgangspunkt wird erst einmal die Dortmund-Aplerbecker Umgebung sein.


Ökosystem Garten – 6. Stadtnatur

Ein Ökosystem ist ein abgrenztest Biotop mit seiner dazugehörigen Biozönose und ihren Wechselwirkungen. Das Biotop ist der für eine Lebensgemeinschaft typische Lebensraum, z.B. ein Teich oder eine Wiese. Die Biozönose umfasst alle Lebewesen (Flora und Fauna) in einem Biotop bzw. an einem Standort. Hierbei ist Vegetation immer der erste Schritt zu einer Biozönose. Danach folgen erst die Insekten, Spinnentiere, Vögel, Amphibien und Säugetiere.

Städte bilden ein großes Mosaik diverser Lebensräume.
Man findet:

  • Fließgewässer
  • Naturschutzgebiete (NSG)
  • Hinterhöfe
  • Pflasterritzen
  • Gebäude
  • Brachflächen
  • Stand- und Stillgewässer
  • Straßenbäume
  • Landschaftsschutzgebiete (LSG)
  • Parks
  • urbane Gärten
  • Friedhöfe

Mit Ausnahme der NSGs und der LSGs wird ein großer Teil der Grünflächen in seinem Bewuchs vom Menschen gesteuert und gehört somit zu den gärtnerisch angelegten Grünanlagen. Hierzu gehören u.a. Gärten, Parks, Straßenbäume, Grünanlagen in Wohn- und Gewerbegebieten und Friedhöfe. Hier wird dem Stadtgrün der menschliche Stempel aufgedrückt und die Flächen entwickeln sich nicht nach natürlichen Wechselwirkungen, sondern nach den gerade für das jeweilige Zeitalter gültigen Grüntrends und den für die Grünpflege zur Verfügung stehenden Mitteln.

Aber an anderen Stellen entsteht aber auch eine völlig neue Art von Wildnis, eine neue Stadtnatur. Sie wird gekennzeichnet durch neue Artenzusammensetzungen und auch durch einen hohen Anteil an Neobiota. Gemeint ist hier die „Spontane Naturentwicklung auf tiefgreifend veränderten Flächen“. Sie kann erst entstehen, wenn die natürliche Entwicklung eines Standorts durch intensive Überformung geändert wurde. Ein Beispiel: Vor einigen Jahrhunderten entstand an einer Stelle ein Haus mit den damals noch typischen Begrenzungsmauern und einem schmalen Grasstreifen davor. Und nun wird die Mauer abgerissen und der größte Teil der Steine entfernt. Ein Rest verbleibt im Boden und Bruchsteine verteilen sich auf dem Landstreifen davor. Innerhalb kürzester Zeit entwickelt sich auf diesem Gebiet eine neue Vegetation getragen aus dem Saatgut der Umgebung. Die erste Vegetationsperiode enthält zumeist Pionierpflanzen, die an verschiedene Bodentypen gewöhnt sind und in den Gärten zumeist als Unkraut entfernt werden. Eine Ruderalfläche entsteht. Sobald die Blütezeit beginnt, tauchen die in der Stadt noch relativ häufig vertretenen Fluginsekten auf um Nektar und Pollen zu tanken. Zu ihnen gehören die Imker-Honigbienen, Hummeln und viele Arten von Fliegen zumeist Schwebfliegen und Schmeißfliegen. Andere Insektenarten wie Wanzen und Käfer aus der Umgebung folgen sicherlich bald.

Andere überformte Standorte wären stillgelegte Gleisanlagen, verlassene Häuser und Firmengelände. Auch Pflasterritzen gehören dazu. Bieten sie auch nur ein paar Millimeter Platz wird sich hier schnell Vegetation entwickeln, die mit kleinen und engen Standorten wenige Probleme hat. Dazu gehören zum Beispiel Breitwegerich, Löwenzahn, Gräser und Knötericharten. Und Vegetation ist ja immer der erste Schritt hin zu einem Ökosystem…

Fotoliste:

  1. Vogelknöterich in Pflasterfuge
  2. Pflasterfuge mit Löwenzahn
  3. „Gossen“-Wildnis, hier Berufkraut u.a.
  4. Baumscheibe mit Stadtnatur-Wildnis
  5. Ruderalfläche mit Pionierpflanzen
  6. Pionierpflanzen und erste Insekten

Text und Fotos: Brigitte Bornmann-Lemm
Stand: August 2023