Teil 2. Info-Reihe "Ökosystem Garten"

Was macht städtische Gärten ökologisch wertvoll?

 

Unter der Sparte „Ökosystem Garten“ möchte ich in den kommenden Monaten und Jahren vielen Fragen in Bezug auf städtische Gärten und Parks als Orte der Artenvielfalt und Biodiversität peu à peu nachgehen.

Wer Interesse hat, mich auf diesen Wegen und Gedanken zu begleiten, kann sich gerne unter naturgarten@nabu-dortmund.de bei mir melden. Ausgangspunkt wird erst einmal die Dortmund-Aplerbecker Umgebung sein.


Ökosystem Garten – 2.  Was macht städtische Gärten ökologisch wertvoll?

Was kennzeichnet ein Ökosystem?

Gärten sind der grüne Übergang der Kulturlandschaft (Landwirtschaft, Forste), die um eine Stadt herum liegt hin zu einer urbanen Landschaft, die aus Wohnhäusern (Mietshäuser, Reihenhäuser, Bungalows), Gewerbegebieten, Spielplätzen, Einkaufszentren mit riesigen Parkplätzen und der City / Zentrum besteht. Die meisten Gärten liegen als Ring um dieses Zentrum in Form von Haus- und Kleingärten. Hinzu kommen noch die Parkanlagen, die erst in einem späteren Artikel betrachtet werden.

Dortmund ist ein typisches Beispiel einer Ruhrgebietsstadt, die sich aus einer eher dörflichen Kleinstadt zuerst zu einer Industriestadt entwickelt hat und sich nun auf den Weg zu einer technisch-wissenschaftlichen Stadt macht. Seit langem kommt aus den Reihen des Umweltamts und des Grünflächenamtes heraus auch die Zielsetzung hin zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen und ökologischen Stadt. Ein großes Ziel, dass allerdings von allen Dortmunder BürgerInnen mitgetragen werden muss, damit es zum Erfolg führt.

Dortmund war vor Beginn des Industriezeitalters eine landwirtschaftlich geprägte Stadt. Dr. Heinrich Franck, Gymnasial-Oberlehrer zu Dortmund beschreibt es in seinem Anhang zur Flora der näheren Umgebung der Stadt Dortmund. Es habe eine Bauerndorfumgebung, die „wird gebildet von fruchtbaren Äckern, Wiesen, Weiden, auch manchen kleinen unzusammenhängenden Laubwäldern“. Er notiert 1897, dass viele Wildkräuter noch im Umland und auch „unter Saat“, also als sogenanntes Unkraut auf den Feldern wuchsen. Er nennt beispielsweise Kornblumen, Kamillen-Arten, Kornraden, Mohn-Arten, Wicken, Saatwucherblumen, Ziest, Gänsefuß- und Ehrenpreisarten. Viele dieser für Insekten wichtigen Pflanzenarten sind heute aufgrund der verbesserten Saatgutreinigung als Beikraut von den Äckern verschwunden. Aus dem 17. Jahrhundert sind mehrere Gemälde und Zeichnungen Dortmunder Stadtansichten erhalten geblieben. Sie zeigen außerhalb der Stadtmauern und -Gräben umlaufend eckige Flächen mit Einfassungen und Reihenkulturen. Zwiebeln, Lauch, Rüben, Pastinak, Kohl wären solche Gemüsepflanzen, die aufgrund ihres langsamen Wachstums und der benötigten großen Mengen keinen Platz in den kleinen städtischen Hausgärten fanden und daher in diesen Feldgärten angebaut wurden. Der Dortmunder Kunsthistoriker Wilhelm Lübke notiert in seinen Lebenserinnerungen von 1891, dass die Stadt zunächst von einem Kranz von Gärten umgeben war, die der Gemüse- und Obstzucht dienten. Darum schloss sich ein zweiter breiter Gürtel von Wiesen und Weiden an. Alte Stadtpläne (Ausstellungen MKK und Hoeschmuseum) zeigen, dass große Teile dieser Flächen zu Ende des 19. Jahrhunderts bereits von der Eisenbahn und später dann auch von der Montan-Industrie übernommen und versiegelt wurden. Dortmund wurde zu einer der ruhrgebietstypischen Industriestädte.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden aber auch die städtischen Parkanlagen wie zum Beispiel der Fredenbaumpark. Der Rombergpark wurde in städtischen Besitz übernommen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und mit der Entwicklung des Kaiserhains wurde die Grundlage für den späteren Westfalenpark geschaffen. Die ersten Kleingartenanlagen wurden angelegt, um den Dortmunder BürgerInnen wieder eine Möglichkeit zu bieten, eigenes Obst und Gemüse anzubauen. Die früheste Kleingartenanlage (KGV) entstand 1906 (Dortmunder Schrebergartenverein 1906, Teewaagstr. 13). Heute gibt es 119 KGV`s. Sie sind zusammengeschlossen im Stadtverband Dortmunder Gartenvereine. Dieser verwaltet 8.200 Gärten auf 4.190.485 qm zu pflegende Fläche und hat 13.100 Mitglieder (Stand Febr. 2023) Hinzu kommen 1.780 Parzellen Grabeland auf 720.483 qm Fläche. Die Präambel der für ganz Dortmund geltenden Gartenordnung von 2021 besagt (Zitat):

  • Die Gärten sind nach ökologischen Prinzipien anzulegen und zu pflegen.
  • Auf Biodiversität (Artenvielfalt) ist besonders zu achten.
  • Daher ist generell das Versiegeln der Böden z.B. mit Folien, Steinen sowie das großflächige Aufbringen von Rindenmulch oder Ähnlichem unzulässig.
  • Aufgrund der enormen Bedeutung intakter Torfmoore für den Klima- und Artenschutz ist die Verwendung von Torf oder torfhaltigen Substraten verboten.
  • Entsprechend dem Bundeskleingartengesetz (BKleingG) ist die kleingärtnerische Nutzung [das beinhaltet Obst- und Gemüseanbau, sowie Zierstauden, Anm. der Autorin] zwingend durchzuführen.

Gesetzt dem Fall, noch mehr PächterInnen der Dortmunder Kleingartenvereine als heute und dazu noch die HauseigentümerInnen mit ihren Gärten würden sich dieser Präambel anschließen, bekäme Dortmund eine immens große Chance, die noch im städtischen Gebiet vorhandene Artenvielfalt und Biodiversität zu erhalten und weiter zu fördern.

Was genau macht Gärten wichtig und wertvoll?

Wie die Untersuchungen im ehemaligen NABU Dortmund Naturgarten gezeigt haben, reicht ein knapp 400 qm großer Garten nicht aus, um die Insektenvielfalt der Stadt zu bewahren. Aber jeder Garten kann ein erster Schritt in die Richtung zur Erhaltung der Artenvielfalt werden. Innerhalb der Städte und Großstädte liegen die Gärten ja selten alleine. Reihenhausgärten liegen nebeneinander, Schrebergärten in den Kleingartenanlagen mit ihren 30 bis zu teilweise 100 Parzellen bieten zusammen jeweils eine große zusammenhängende Fläche und auch das öffentliche Grün bietet ein zusätzliches Potential. Hier könn(t)en die Kulturfolger unter den Insekten, Vögel, Igel, Fledermäuse und Amphibien wichtige und für sie passende Lebensräume unterschiedlichster Art finden.

Beispiele für Lebensräume im Garten

Ein Garten kann neben seiner Hauptfunktion als Wohngarten und /oder Gemüsegarten diverse Kleinbiotope und somit Lebensräume für unterschiedliche Lebensgemeinschaften anbieten. Dazu gehören zum Beispiel

  • Blumenbeete mit vielfältigen Blüten- und Pflanzenarten
  • Trockenmauern, Lese-Steinhaufen oder Kräuterspiralen
  • Komposthaufen
  • Wasserstellen und Gartenteiche
  • Totholzhaufen oder Baumstubben
  • Heimische Sträucher, Hecken
  • Wiesen, insbesondere Blühwiesen

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Weiterführende Literatur und Hinweise:

  • Heimat Dortmund - Stadtgeschichte in Bildern und Berichten „Gartengeschichte“; Ausgabe 1/2022
  • Brigitte Kleinod / Friedhelm Strickler „Schön wild! – Attraktive Beete mit heimischen Wildstauden im Garten, 22 Gestaltungsideen für jeden Standort“; 4. Auflage 2021, Darmstadt
  • Margit Rusch „Anders gärtnern - Permakultur-Elemente für den Hausgarten“; Ökobuch 2012
  • Peter Himmelhuber „Mein Garten lebt - Vögel, Schmetterlinge, Igel, Wildbienen und andere nützliche Tiere ansiedeln“; Ökobuch 2013
  • Markus Gastl „Permakultur und Naturgarten – Nachhaltig gärtnern mit dem Drei-Zonen-Modell“; Ulmer Verlag, Stuttgart 2021
  • Dr. H. Franck „Flora der näheren Umgebung der Stadt Dortmund“; Dortmund 1897

Naturstadt - Kommunen schaffen Vielfalt https://www.wettbewerb-naturstadt.de/

Stadtverband Dortmunder Gartenvereine https://www.gartenvereine-dortmund.de/

NABU Dortmund Fachgruppe Garten https://www.nabu-dortmund.de/gruppen/arbeitsgruppen/garten-ag/

Text und Fotos: Brigitte Bornmann-Lemm
Stand: März 2023