Der erste Saatgut- und Pflanzentauschtag lockte fast 200 Besucher
07.04.2019: Der erste Saatgut- und Pflanzentauschtag lockte fast 200 Besucher
Bei frühlingshaften Wetter war der Gartenverein Dortmund-Nord e.V. am Sonntag, den 07.04.2019 Gastgeber des ersten Saatgut- und Pflanzentauschtages des „Kollektiv Saatgut für Dortmund“. Fast 200 Besucher waren zu Gast um sich mit samenfestem nachbaufähigem Saatgut und Jungpflanzen für ihren Garten oder Balkon einzudecken.
Der Naturschutzbund Dortmund (NABU) war neben dem Gartenverein Kooperationspartner für die Veranstaltung und hatte die Gartenpforte des NABU-Naturgartens ganztägig für Besucher geöffnet. Hier konnte man sich über naturgemäßes Gärtnern, alte Kulturpflanzenarten und die Schaffung von Lebensräumen und Nistplätzen für Insekten, Amphibien und Vögel informieren.
Organisator der Veranstaltung war das Kollektiv Saatgut für Dortmund. Diese Initiative aus mehreren Fachberatern und Engagierten aus bisher drei Gartenanlagen hat sich Ende letzten Jahres gegründet, um sich für den Erhalt alter Kulturpflanzensorten einzusetzen und die Kulturtechnik der Saatgutvermehrung in Erinnerung zu rufen. Denn Saatgut ist Gemeingut und sollte weiterhin von der Gemeinschaft aller Menschen erhalten werden.
An der Jungpflanzentauschstation wurden den Besuchern neben Wildtomaten und Salatpflanzen auch Etagenzwiebeln und zahlreiche andere Pflanzen angeboten. Im Inneren des Vereinsheims waren weitere Tauschstationen aufgebaut. So konnten die Besucher Saatgut von diversen vergessenen und auch bekannten Gemüsepflanzen, Kräutern und Blumen erhalten. Die Frage, wie die Anpassungsfähigkeit von Saatgut erhalten bleibt, ist angesichts des Klimawandels ein Thema, das so aktuell ist wie nie, denn das hochgezüchtete F1 hybride Saatgut, dass immer mehr Verbreitung gefunden hat, ist nicht nachbaufähig und kann sich daher nicht an die jeweiligen individuellen, örtlichen und klimatischen Bedingungen anpassen. Zudem ist es wesentlich empfindlicher und kann meist nur unter Zuhilfenahme von entsprechenden Pflanzenschutzmitteln angebaut werden.
„Ein Renner war heute der Baumspinat. Es handelt sich um eine alte Kultursorte, die nur noch wenige kennen und die dazu auch noch sehr pflegeleicht ist. Er wächst buschartig und seine Blätter können als Salat oder wie Spinat zubereitet werden“ berichtet Hildegard Mihm, Mitorganisatorin des Tauschtages.
Auch die Ortsgruppe Ruhrgebiet des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) war auf der Veranstaltung vertreten. Renate Zinke hatte neben zahlreichem Saatgut auch ein Pflanzentopf-Quiz aufgebaut, welches bei den Besuchern ein großes Interesse weckte.
Brigitte Bornmann-Lemm, Mitorganisatorin der Veranstaltung sowie Leiterin des NABU-Naturgartens hielt zudem für alle Einsteiger einen Kurzvortrag zu dem Thema „Wie wird Saatgut samenfest und beständig vermehrt?“, der regen Anklang fand.
Das Kollektiv Saatgut für Dortmund hatte auch noch weitere Organisationen eingeladen, sich auf der Veranstaltung mit einem Infotisch zu präsentieren. Denn im weitesten Sinne ging es um das Themenfeld der Nachhaltigkeit sowie allgemein um die Frage ´Wie wollen wir uns künftig ernähren?`.
Die Solidarische Landwirtschaft Dortmund (SoLaWi) hatte die Open Source Tomate ´SUNVIVA` im Gepäck. Die Besucher konnten neben den frisch pikierten Jungpflanzen auch das Saatgut der gemeinfreien Tomatensorte auf der Veranstaltung erhalten. Dieses hatte die SoLaWi im letzten Jahr in Kooperation mit dem Umweltamt Dortmund (Koordinierungsstelle Klimaschutz und Klimaanpassung) vermehrt, um es an die Bevölkerung kostenlos weiterzugeben.
Auch Foodsharing Dortmund war vor Ort und hatte gerettete Lebensmittel zu „fairteilen“. Kartoffeln, Paprika, abgelaufene Osterware sowie Gebäck vom Vortrag konnten die Besucher an diesem Tisch kostenlos mitnehmen und erfahren, dass insbesondere verpacktes Gemüse viel zu oft in der Tonne landet.
Christian Nähle von der Koordinierungsstelle Klimaschutz und Klimaanpassung des Umweltamtes war ebenfalls vor Ort, um über künftige Kooperationen nachzudenken: „Ökologische Fragen mit sozialen Gesichtspunkten zu verbinden, ist grundsätzlich wichtig für uns. Anders bekommen wir nur schwer eine Perspektive in der Klimaschutzarbeit. Der Saat- und Pflanzentauschtag schafft eine solche öko-soziale Perspektive, indem ökologische Fragen des Umgangs mit Pflanzen als unserer Mitwelt mit menschlichen Bedürfnissen nach Nahrung und Teilhabe verbunden werden. Damit nimmt der Saat- und Pflanzentauschtag eine besonders nachhaltige Rolle in Dortmund ein, die wir aus Mitteln des Klimaschutzfonds gerne unterstützen.“
Das Kollektiv Saatgut für Dortmund wertet die Veranstaltung als vollen Erfolg. Daniel Pawlak-Gast, der die Jungpflanzentauschstation betreut hat, resümiert. „Insbesondere freut uns, dass so viele Besucher eigenes Saatgut und eigene Pflanzen zum Tauschen mitgebracht haben. Das nächste Jahr kann kommen, denn nach dem Tausch ist vor dem Tausch.“
Text/Fotos: Hildegard Mihm und Brigitte Bornmann-Lemm